1250 JAHRE KIRCHHEIM
EIN MODERNER STADTTEIL MIT URALTEN WURZELN
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Kirchheim im Jahre 767 in einer Urkunde über Schenkungen an das Kloster Lorsch. Dort heißt es unter dem Datum 29.6.767: „.. in pago lobodunensi in loco nuncupato Offtreshem qui est in Chiricheimmero marcha ...“ (…im Lobdengau an dem Ort, genannt Oftersheim, der in der Kirchheimer Mark liegt …).
Die Geschichte Kirchheims ist jedoch viel älter. So wurden hier Siedlungsreste der Bandkeramiker (3500 – 1800 v. Chr.) frei gelegt und Reste eines Urnenfriedhofs der jüngeren Bronzezeit (1200 – 850 v. Chr.) entdeckt. Auch in der Römerzeit (74 – 260 n. Chr.) war Kirchheim besiedelt. Die wertvollsten Funde auf Kirchheimer Gemarkung stammen aus fränkischer Zeit (7. Jhdt.). In einhundertfünfzig Reihengräbern wurden Grabbeigaben unterschiedlichster Art gefunden, die auf einen gewissen Wohlstand schließen lassen. Die meisten Funde können heute im Kurpfälzischen Museum Heidelberg bestaunt werden.
Im 12. und 13. Jahrhundert erfährt man vom Kirchheimer Ortsadel, den „Herren von Kirchheim". Deren Grundbesitz ging später im Wege der Schenkung unter anderem an das Kloster Schönau. In diese Zeit fällt auch die erste urkundliche Erwähnung der dem heiligen Petrus geweihten Kirche. Der Ortsname Kirchheim lässt jedoch darauf schließen, dass Kirchheim schon früher Mittelpunkt des christlichen Lebens in der ganzen Umgebung war.
Lange Zeit war Kirchheim Mittelpunkt der gleichnamigen Zent, einem Verwaltungs- und Gerichtsbezirk innerhalb des "Lobdengaus" (von Lopodunum = Ladenburg). Der Zent-Galgen stand an der heutigen Kreuzung Diebsweg / Speyerer Straße. Zur Kirchheimer Zent zählten 23 Ortschaften, darunter auch Mannheim, bevor es zur Stadt erhoben wurde.
Trotz seiner Bedeutung hatte Kirchheim im 15. Jahrhundert nicht besonders viele Einwohner. Einschließlich Bruchhausen und Pleikartsförster Hof wurden im Jahr 1439 nur 34 steuerzahlende Einwohner gezählt. Zusammen mit den Familienangehörigen dürften damit damals etwa 200 Menschen in Kirchheim gelebt haben.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde auch Kirchheim verwüstet. Zeit, sich zu erholen, blieben dem Ort und seinen Einwohnern jedoch kaum. Am 28. Januar 1689 wurde Kirchheim von französischen Truppen im Pfälzischen Erbfolgekrieg fast vollständig niedergebrannt. Doch auch hiervon erholte sich Kirchheim wieder. Johann Goswin Widder, pfalz-bayerischer Beamter, Historiker und Topograph, beschreibt Kirchheim im Jahr 1786 als „ein schönes Dorf zwischen Rohrbach und Schwetzingen von der Stadt Heidelberg eine Stunde Weges südwestwärts entfernt“.
Im Jahr 1815 weilte Johann Wolfgang von Goethe zusammen mit seinen Freunden, den Brüdern Boisserée aus Heidelberg, im evangelischen Pfarrhaus zu Besuch beim damaligen Pfarrer Maurer.
Kirchheim war über Jahrhunderte ein rein landwirtschaftlich geprägtes Dorf. Auf Grund des fruchtbaren Bodens fanden die Bewohner dieses Gebietes, wie Widder ebenfalls feststellte, „ihre bequemliche Nahrung, und können alle ihre Erzeugnisse gar füglich zu Geld machen“. Mit Eröffnung des Kirchheimer Bahnhofs im Jahr 1865 wandelte sich dies und erste Fabriken entstanden (1894 drei Zigarrenfabriken, 1898 eine Kettenfabrik).
Mit der Ansiedlung der Waggonfabrik Fuchs um 1900 in Rohrbach, nahe der Kirchheimer Ortsgrenze, begann das rasche Wachstum Kirchheims. Am 19.2.1910 fuhr die erste Straßenbahn nach Kirchheim. 1917 wurde Kirchheim an das Gasnetz der Stadt Heidelberg angeschlossen. Dieses schnelle Wachstum machte aber auch eine Verbesserung der Kanalisation notwendig. Die hierfür notwendigen Mittel konnte Kirchheim jedoch nicht aufbringen und so entschloss man sich, einen Antrag auf Eingemeindung zur Stadt Heidelberg zu stellen. Am 1.4.1920 wurde Kirchheim dann Stadtteil Heidelbergs.
Die Entwicklung Kirchheims zum Wohnstadtteil und die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft machten die Aussiedlung der bäuerlichen Betriebe notwendig. 1936 zogen die ersten vier Bauern auf den Bruchhäuser Hof. 1938 wurde westlich der neu erbauten Autobahn auf Kirchheimer Gemarkung die Siedlung Neurott geschaffen. 1956 siedelten acht Bauern auf den Kurpfalzhof aus und 1958 waren die 10 Hofgebäude des Kirchheimer Hofs bezugsfertig.
Bereits am 30. März 1945 zogen die ersten Amerikaner in Kirchheim ein, gründeten hier "Patrick-Henry-Village" und legten beim Pleikartsförster Hof einen Militärflugplatz an. Ende 1945 zählte Kirchheim 8093 Einwohner. Mit der Zuweisung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen stieg diese Zahl innerhalb eines Jahres auf 9788 Einwohner. Ab 1958 wurde nördlich der Albert-Fritz-Straße das Baugebiet Kirchheim-Nord erschlossen, ab1979 dehnte sich Kirchheim nach Westen aus, im Jahr 1990 entstand das Baugebiet „Am Dorf“ und das Neubaugebiet „Im Bieth“ wurde im Jahr 2009 erschlossen. Kirchheim zählt heute etwa 18000 Einwohner und ist damit zweitgrößter Stadtteil Heidelbergs, flächenmäßig mit 1535 Hektar der größte.
Diese rasante Entwicklung bedingte nach dem Zweiten Weltkrieg die Schaffung neuer sozialer und kultureller Einrichtungen, die mit dem Bau der katholischen Kindergärten im Höllenstein (1954, heute Jugendtreff Hasenleiser) und in der Albert-Fritz-Straße (1957, Kindergarten St. Georg) sowie dem Bau des evangelischen Kindergartens Höllenstein (1954) begann. Weitere Kindergärten entstanden 1962 in der Breslauer Straße (Arche) sowie im Hermann-Maas-Haus (1967). 1971 wurde das Altenzentrum Mathilde-Vogt-Haus in Betrieb genommen. 1981 weihte die evangelische Wicherngemeinde die Arche ein.
Im Jahr 1958 entstanden die Geschwister-Scholl- und die Robert-Koch-Schule. Die Gregor-Mendel-Realschule siedelte im Jahr 2007 von Rohrbach nach Kirchheim über, unmittelbar angrenzend an das Sportzentrum Süd, das 1978 seiner Bestimmung übergeben wurde.
1982 eröffnete der Stadtteilverein das Kirchheimer Heimatmuseum und 2005 das Bürgerzentrum Kirchheim.
Derzeit beschäftigt die Kirchheimer die Entwicklung der so genannten Konversionsflächen auf seiner Gemarkung, den früher von den amerikanischen Streikräften genutzten Arealen "Patton Barracks" (heute Heidelberg Innovation Park), "Airfield" und "Patrick-Henry-Village". Letztere Siedlung soll von Kirchheim losgelöst zu einem neuen Stadtteil entwickelt werden.
Der Blick in die Historie Kirchheims lässt sich anschaulich im Heimatmuseum oder in diversen Schriften, unter anderem der Heimatforscher Alfons Eller, Dieter Neuer und Philipp Körner, vertiefen.
(Weiterführende Literatur: 1200 Jahre Kirchheim, hrsg. Stadtteilverein Kirchheim; Dieter Neuer, Kirchheim – eine Ortsgeschichte aus der Kurpfalz, Heidelberg 1985; Philipp Körner, Kirchheim ein heimatkundlicher Überblick, Heidelberg-Kirchheim 2009; Johann Goswin Widder, Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine, Frankfurt und Leipzig 1786)
GESCHICHTE DES STADTTEILVEREINS
Im Jahr 1949 waren amerikanische Militärdienststellen stark an den Gründungen von Stadtteilvereinen interessiert. Das Vertrauen zu den politischen Parteien war noch nicht groß und nach Meinung der Amerikaner hatten die Deutschen „Nachhilfe in Demokratie" nötig. Durch die Überparteilichkeit der Stadtteilvereine und deren Aufgabenstellung glaubten die Besatzer, dem Ziel der Demokratisierung auf eine gute Art näher zu kommen. So wurde auch in Kirchheim im Herbst 1949 im Gasthaus "Zur Rose" ein Stadtteilverein gegründet. Zum 1. Vorsitzenden wurde Martin Spieß und zu Beisitzern Michael Schüßler, Hans Zeuner und Erwin Halter gewählt. Die Amerikaner unterstützten den Stadtteilverein in jeder Hinsicht. Schulungs- und Lichtbildervorträge wurden abgehalten, Literatur wurde zur Verfügung gestellt; sogar eine vom württembergischen Gemeindetag veranstaltete Fahrt zur Landsgemeinde nach Trogen-Appenzell im Jahre 1952 wurde gefördert (Landsgemeinde, nach Schweizer Meinung die Urform der Demokratie). Das öffentliche "Forum" löste die altgewohnte "Versammlung" ab. Das erste große Bürgerforum fand am 17. 4. 1950 in der "Linde" statt.In der Folgezeit ließen die Aktivitäten jedoch immer mehr nach. Am 14. Dezember 1956 kam es schließlich zur Neugründung eines Stadtteilvereins, dem eigentlichen Geburtstag des Stadtteilvereins Kirchheim. Damals wurden in den Vorstand gewählt: 1. Vorsitzender: Ernst Rehm; 2. Vorsitzender: Adolf Engelhardt; Schriftführer: Hans Hochstein; Kassier: Fritz Steidel.
Höhepunkte im bisher vergleichsweise kurzen Vereinsleben waren die 1200-Jahrfeier Kirchheims, die 1225-Jahrfeier, die Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrages mit dem Partnerquartier Les Aubes/Pompignane in Montpellier, die 50-Jahrfeier des Stadtteilvereins, 100 Jahre Sommertagszug in Kirchheim im Jahr 2009, die Eröffnung des Bürgerzentrums Kirchheim im Jahr 2005 und die 1250-Jahrfeier im Jahr 2017.